100 Fachleute beim 2. Innovation Forum Kunststoff 2015
Villingen-Schwenningen. Die Digitalisierung unter dem Schlagwort Industrie 4.0 und die fortschreitende Vernetzung aller Lebensbereiche wird die Kunststoffbranche tiefgreifend verändern. Dies wurde während des 2. Innovationsforum des Kunststoff-Instituts Südwest am Donnerstag im Theater am Ring in Villingen-Schwenningen deutlich.
Das Institut, Leuchtturmeinrichtung im IHK-Innovationsnetzwerk TechnologyMountains, hatte das Forum deshalb unter das Motto „Smart Plastics“ gestellt. Knapp 100 Fachleute aus der Region und dem gesamten Bundesgebiet tauschten sich über die bevorstehenden Herausforderungen aus. Institutsleiter Siegfried Kaiser steckte in seiner Begrüßung den Rahmen ab: „Die Spritzgießunternehmen müssen sich darauf einstellen, zukünftig immer kleinere Bauteile bei Bedarf in hybriden Werkstoffkombinationen mit integrierter Elektronik und neuartigen Oberflächen mit neuen Verbindungsverfahren in innovativen Verarbeitungsprozessen herzustellen.“
Um diese Aufgaben zu meistern bedarf es gut ausgebildeter Facharbeiter, betonte IHK-Hauptgeschäftsführer Thomas Albiez: „Die technologischen Herausforderungen werden die Unternehmen der Region meistern, bei der Sicherung der Fachkräfte müssen wir gemeinsam die Attraktivität einer technischen Ausbildung verstärkt herausstellen.“ Die IHK hatte zusammen mit dem Kunststoff-Institut Lüdenscheid (KIMW) und Unternehmen aus der Region die Gründung des KISW im Jahr 2011 initiiert. Heute zählen neben IHK und KIMW 18 Unternehmen der Region sowie die Hahn-Schickard-Gesellschaft (HSG) zu den Kommanditisten des Instituts.
Michael Weigelt, Sprecher der Geschäftsführung des Verbandes Technischer Kunststoff Produkte, erläuterte die Bedeutung der Branche, die für sechs Prozent des Bruttoinlandsproduktes steht. Wachstumstreiber seien die Verpackungsindustrie und technische Teile insbesondere in den Bereichen Automotive, Medizintechnik und Maschinenbau. Trends wie der Zwang zu Leichtbau und den Einsatz von Faserverbundwerkstoffen insbesondere in der Automobilindustrie würden sich zusehends verstärken: „Dies eröffnet vielen Betrieben aus dem Kunststoffsegment neue Geschäftsmöglichkeiten.“
Professor Dr. Heinz Kück gab als Verteter des HSG IMAT Einblick in konkrete Projekte und Umsetzungen smarter Kunststoffteile. Bereits am Markt eingeführt sind Sensoren, die Druck, Neigung oder Durchfluss messen, bei denen der Chip durch Kunststoff gekapselt ist und gleichzeitig die Kontaktierung durch ein Laserverfahren direkt auf dem Kunststoff aufgebracht ist. Ein so genannter Ischämie-Sensor wird bei Operationen genutzt, um den Sauerstoffgehalt von Gewebe zu überwachen. Demnächst erhältlich sein werde ein Temperatursensor für die Schuhsohle, der Diabetikern wichtige Informationen zur Durcblutung der Beine geben wird. „Unternehmen der Branche müssen sich darauf einstellen, zukünftig Werkstücke aus verschiedenen Kunststoffen, Metall und Keramik voll kontaktiert in beliebigen Ausformungen zu fertigen“ so der Wissenschaftler.
Einig waren sich alle Referenten, dass der technologische Wandel sehr schnell und umfassend vonstatten gehen werde. Unternehmen, die schnell und konsequent reagieren, eröffnen sich somit sehr große Wachstumschancen, betonte Kaiser. Um das notwendige know-how bei Rohstoffen und Produktionsverfahren zu erlangen, ist die Vernetzung der regionalen Unternehmen und Forschungseinrichtungen unverzichtbar. Kaiser und Dr. Rouven Streller zeigten die Angebote des KISW unter anderem in Form so genannter Verbundprojekte auf, die zum Teil sogar mit sehr erheblichen Mitteln aus Fördertöpfen von Bund oder Land unterstützt werden. „Vernetzte Unternehmen sind erfolgreicher und generieren höhere Umsatzsteigerungen und Gewinne als solche, die Alleingänge versuchen“ zitierte Streller aus wissenschaftlichen Untersuchungen.
Technologisch sehr konkret wurde es im zweiten Teil des Innoforums. In unterschiedlichen Sessions setzten sich die Teilnehmer mit Rohstoffen wie Biokunststoffen oder spritzgießbarem Teflon, Simulationen im Mikrobereich, Oberflächenfinish oder Kontaktierungstechnologien auseinander.