TM-Exkursion zum CERN: „Grundlagenforschung ist der Beginn aller Technologie“
So fern und doch so – CERN: Die berühmte Großforschungseinrichtung in Genf war das Ziel der diesjährigen TechnologyMountains-Exkursion im Rahmen der „Clusterwoche Deutschland“. Die Gruppe erlebte, wie nach den kleinsten Bausteinen der Materie gefahndet wird. Und wie nah diese Erkenntnisse unserer Lebensrealität sind.
Im Schummerlicht des „Globe of Science and Innovation“ sieht die „Funkenkammer“ wie rundes, finsteres Fenster mit feinmaschiger Metallgardine aus. Dann zuckt ein schnurgerader roter Blitz auf. Kurz darauf der nächste. Kosmische Teilchen haben das Geflecht passiert und eine Kaskade elektrischer Entladungen in Gang gesetzt. Augenfällig wird, was Tag für Tag zigtausend Mal geschieht: Jeder Mensch wird von einem wahren Partikelschauer durchsiebt. Ohne die geringste Kenntnis davon zu nehmen.
Unsichtbar, Unbegreiflich, Allgegenwärtig: Das ist der Stoff, um den sich CERN dreht. Aus der Erforschung der kleinsten Strukturen erhofft man sich Antworten auf die größten Fragen der Menschheit: Wie ist das Universum entstanden – und woraus besteht es überhaupt? Die zum Einsatz kommende Technik ist ihrer Zeit weit voraus. Für TechnologyMountains ein allemal lohnendes Ziel, soll doch nicht nur der Austausch unter den Mitgliedern, sondern auch der Erkenntnisgewinn gefördert werden.
30 Teilnehmer begeben sich auf Spurensuche, was die Welt im Innersten zusammenhält. Als profunder Kenner der Materie – was durchaus wörtlich zu verstehen ist – entpuppt sich Dr. Klaus Bätzner. Er arbeitete 30 Jahre lang am CERN und führt seit seiner Pensionierung vor 15 Jahren Gruppen durch die Gebäude, Kontrollstationen und Werkstätten. Herzstück des Komplexes ist der 2008 in Betrieb genommene „Large Hadron Collider“, kurz LHC. Klaus Bätzner kennt dazu alle Fakten aus dem Effeff. Keine Frage zu trivial oder zu speziell, als dass der Physiker nicht eine einleuchtende Antwort darauf fände. Forschung am CERN bedeute für ihn, sich der „Urneugier“ hinzugeben, „reines Wissen“ zu generieren. Für Skeptiker fügt er an, dass damit natürlich auch Nutzen verbunden sei: „Alles wird eines Tages Anwendung finden.“ Ohne das Verständnis elementarster Zusammenhänge wären beispielsweise die Magnetresonanztomographie oder künftige Quantencomputer undenkbar. Dass am CERN auch das World Wide Web „entdeckt“ wurde, gerät dabei fast zur Randnotiz. „Die Grundlagenforschung“, sagt Klaus Bätzner, „ist der Beginn aller Technologie.“
Ein gerüttelt Maß an Ingenieurskunst ist erforderlich, um all das, was auf dem Papier erdacht worden ist, in der Praxis umsetzen zu können. In der Anlage HS 18 werden die Baugruppen getestet, die später die Teilchenströme des LHC auf Kurs Bann halten. Nicht nur die Konstrukteure und Maschinenbauer in der TechnologyMountains-Gruppe nehmen die Mega-Magnete genau unter die Lupe. Noch müssen die Spulen mit flüssigem Helium auf minus 271 Grad Celsius gekühlt werden. Aber gerade im Bereich der supraleitenden Materialien gebe es rasante Fortschritte, erinnert Klaus Bätzner. Gut möglich also, dass eine CERN-Innovation irgendwann das Kupferkabel ablösen wird.
Neben dem, worüber geforscht wird, fasziniert die Weise, wie geforscht wird, ebenso sehr. Aktuell sind rund 2.500 Wissenschaftler und Ingenieure aus 36 Ländern vor Ort involviert. Jeder bringt seine Kompetenz ein, um das große Ganze voranzubringen. Darin ähnelt CERN einem riesigen Cluster aus Erfahrung, Ideen und Geschick. Diesen Aspekt habe die Besucher verstanden und mitgenommen: Vernetzung ist Fortschritt. Fortschritt ist Zukunft. TechnologyMountains ist Vernetzung.