4. Zukunftsforum zeigt anschaulich, wie Transformation der regionalen Wirtschaft gelingen kann – Gute Voraussetzungen zur Transformation durch die eigene Historie

Wie Strukturwandel für die regionale Industrie gelingt, damit befasste sich das 4. Zukunftsforum, das in der Neckarhalle in Villingen-Schwenningen ausgerichtet wurde. Gut 100 Gäste nutzten die Chance, sich anhand von Forschungsergebnissen und Erfahrungen von Unternehmern konkrete Impulse und Inspirationen zu holen.

Der Abend wurde gemeinsam von der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW), Hochschule Furtwangen (HFU), IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg, dem Marketing-Club Schwarzwald-Baar sowie dem Netzwerk TechnologyMountains e.V. ausgerichtet. Villingen-Schwenningens Oberbürgermeister Jürgen Roth machte bereits in seiner Begrüßung zur Eröffnung des Zukunftsforums klar, dass man in der Doppelstadt weiß, was Strukturwandel bedeutet: „Wir haben das miterlebt, als die Uhrenindustrie unterging, die großen Unternehmen aus der Unterhaltungselektronik oder der Verkehrsmessung“, erinnerte Roth an internationale Player wie Kienzle, Saba oder Mauthe. Diese Krisenzeiten seien zwar lange überwunden, würden aber auch zeigen, wie Strukturwandel und der Wohlstand einer Region Hand in Hand gehen würden.

Für den theoretischen Unterbau zum Thema Strukturwandel nahm Dr. Thomas Stahlecker vom Karlsruher Fraunhofer-Institut die Gäste mit auf eine Reise durch die verschiedenen Aspekte, die der Strukturwandel mit sich bringen kann. Beispielhaft nannte er die Montankrise der 1960er-Jahre, in denen Bergbau und Stahlindustrie im Ruhrgebiet und im Saarland als Hauptwirtschaftszweige wegfielen und diese Regionen sich neu erfinden mussten. Die Voraussetzungen, dass sich Baden-Württemberg als bereits hoch technisierte Region mit dem Wandel leichter tue, seien aufgrund der hohen Bereitschaft hierzu in der Bevölkerung sehr gut. Dennoch sei Strukturwandel heute deutlich komplexer als früher: Der gesellschaftliche Diskurs sei intensiver geworden, man müsse heute mehr Rücksichten nehmen.

Danach übernahm Matthias Stotz, Geschäftsführer der Uhrenfabrik Junghans GmbH & Co. in Schramberg. Ein Unternehmen, das wie kaum ein anderes für Transformation steht: Aufgestiegen aus der Massenfertigung preiswerter Wecker zum weltweit renommierten Technologieführer in der Zeitmessung, sei es Junghans nach der zunehmenden Verwässerung der Premium-Marke immer schwerer gefallen, am Markt zu bestehen. „Die Insolvenz war dann auch dank der großen öffentlichen Aufmerksamkeit dafür eine große Chance: Wir konnten erklären, warum Junghans anders wird und weshalb Kunden wieder unsere Produkte kaufen sollten“, blickte Stotz zurück. Der Wandel bei Junghans bewegte sich vom mechanisch einfachen Massenprodukt über ausgeklügelte Elektronik in der Zeitmessung bis zu den heutigen hochwertig gestalteten Zeitmessern über 161 Jahre.

Eine viel kürzere Unternehmensgeschichte hat Marco Bertiller von der Spinnax GmbH & Co. KG. Er stellte seine Sicht darauf vor, was etablierte Unternehmen von Start-ups lernen können, um den eigenen Wandel besser vorantreiben zu können. So hätten neu gegründete Unternehmen zum Beispiel erst einmal keine Marktanteile zu verlieren und agieren risikobereiter. Sein Rat an Unternehmen lautete, entweder die eigene Unternehmenskultur nachhaltig aufzubrechen, um Innovation zu begünstigen oder aber eigene Start-ups zu gründen, um aus diesen unabhängig agierenden Einheiten schnelleren Innovationserfolg zu ziehen.

Stefan Beetz, Geschäftsführer der ISGUS GmbH, schilderte am Beispiel seines Unternehmens, wie der Wandel eines Unternehmens aus sich selbst heraus aussehen kann: So sei der Umbau des einstigen Schwenninger Stechuhren-Herstellers zu einem „Systemhaus mit angeschlossener Fertigung“ ein Prozess über viele Jahre gewesen. Die Notwendigkeit zum Umbau des Familienunternehmens schuf die Krise der Uhrenindustrie in den 1970-er Jahren. Insbesondere die zu hohe Fertigungstiefe mit entsprechenden Kosten und die zu geringe Innovation seien dabei maßgebliche Faktoren gewesen. Vor allem aber durch unternehmerischen Mut und einer Prise Glück für die Unternehmensleitung konnte ISGUS dennoch erfolgreich wachsen. „Die Krise machte eine starke Umgestaltung in der Region nötig – und die daraus entstandene Diversifizierung ist heute unsere Stärke“, schaute Beetz auf das Heute.

Schließlich appellierte Beetz noch an die Politik, die Rahmenbedingungen durch den Abbau von Bürokratie und Regulierungswut zu verbessern. „Wir kommen sonst kaum noch dazu, unsere Arbeit als Unternehmer zu machen“, so sein Fazit.